Natürliche und Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

Der Wasserhaushalt

Durch die Gleichung :

Niederschlag = Verdunstung + Abfluss + Grundwasserneubildung

lässt sich der Wasserhaushalt eines Gebietes beschreiben. In besiedelten Gebieten ist der natürliche Wasserhaushalt aufgrund versiegelter Oberflächen gestört. Dort kommt es zu einem stark erhöhten Oberflächenabfluss. Dieser muss bewirtschaftet werden. Konventionell wird das Regenwasser zentral über die Kanalisation abgeleitet und in einem so genannten Vorfluter eingeleitet.

Als Vorfluter werden Gewässer bezeichnet in denen eingeleitetes Wasser abfließen kann. Die Oder ist zum Beispiel der Vorfluter der Frankfurter Kläranlage.

Schemenbild eines konventionellen Wasserhaushaltes
Konventioneller Wasserhaushalt [1]

Alles Wasser, was in einem Vorfluter eingeleitet wird, verschwindet aus dem örtlichen Wasserhaushalt und steht damit den Pflanzen und Tieren nicht mehr zur Verfügung. Die geringeren Boden- und Luftfeuchten haben auch direkte Auswirkungen auf das Mikroklima vor Ort. Um das Regenwasser an Ort und Stelle zu halten, ist es wichtig, über die dezentrale und natürliche Regenwasserbewirtschaftung nachzudenken. Außerdem ist es nach aktueller Gesetzeslage Pflicht dezentral zu entwässern, soweit das möglich ist.

Was bedeutet überhaupt dezentrale und natürliche Regenwasserbewirtschaftung?

Unter dezentraler und natürlicher Regenbewirtschaftung versteht man die ortsnahe Versickerung, Verdunstung und Nutzung von Regenwasser. Dadurch wird der natürliche Wasserhaushalt wiederhergestellt. Das hat zur Folge, dass sich das Grundwasser neu bilden kann.

Schemenbild des naturnahen Wasserhaushaltes
Naturnaher Wasserhaushalt in Siedlungsgebieten [1]

Versickerung ohne Speicherung

Als Versickerung ohne Speicherung wird eine Versickerung verstanden, bei der das Regenwasser direkt und ohne Rückhalt in den Boden versickert. Das ist bei der wasserdurchlässigen Flächenbefestigung und bei der Flächenversickerung gegeben.

Wasserdurchlässige Flächenbefestigung

Eine Möglichkeit der Oberflächenversiegelung entgegen zu wirken, ist Verbauung von wasserdurchlässiger Flächenbefestigung. Die einfachste Möglichkeit besteht darin Rasenflächen anzulegen, z.B. als Gehwege. Interessant für Gehwege und Terrassen sind auch Porenpflaster. Hierbei handelt es sich um wasserdurchlässige Steine, durch die das Regenwasser in den Untergrund versickert. Für Fahrbereiche besser geeignet sind Rasengittersteine, Rasenwaben und Rasenfugenpflaster.
 
Flächenversickerung
 

Die Flächenversickerung ist die einfachste Art der ortsnahen Versickerung. Das Prinzip besteht darin, Regenwasser auf einem wasserdurchlässigen Boden versickern zu lassen. Zur Versickerung werden in der Regel Rasenflächen genutzt. Dazu muss der Boden eine hohe Durchlässigkeit besitzen.

Versickerung mit Speicherung

Bei der Versickerung mit Speicherung wird unterschieden in oberirdischer und unterirdischer Speicherung. Durch die Speicherung können bei Starkregen auftretende Zulaufspitzen abgefangen werden. Als Zulaufspitzen werden hier die höchsten Wasserstände in einem Zulauf bei Regen bezeichnet.

Muldenversickerung

Bei der Muldenversickerung wird das Wasser in eine flache, meist mit Gras bewachsene Bodenvertiefung geleitet. Dort wird es kurz gespeichert und versickert dann langsam in den Boden. Die Bewachsung und die im Boden lebenden Lebewesen sorgen für eine gute Durchlässigkeit des Bodens. Aufgrund der Möglichkeit verschiedenste wechselfeuchte Pflanzen in die Mulde zu pflanzen, ist die gestalterische Anbindung in den Grünbereich ideal.

Schemenbild über das Prinzig der Muldenversickerung
Prinzip der Muldenversickerung [2]
Mulde
Eine Mulde [3]

Versickerungsbecken

Ein Versickerungsbecken funktioniert im Prinzip wie eine Mulde. Der Unterschied besteht darin, dass es sich um ein Becken handelt, welches mehr Wasser aufnehmen kann. Das Regenwasser wird dadurch auch länger gespeichert und es verdunstet mehr als bei einer Mulde.

Rigolenversickerung

Als Rigole werden unterirdisch angelegte Speicherkörper aus Kies, Schotter oder Kunststoffen bezeichnet. Die Speicherkörper werden entweder punktuell oder flächig mit Regenwasser beschickt. Das Regenwasser versickert dann zeitverzögert in den Boden.

Schemenbild zum Prinzip der Rigolenversickerung
Prinzip der Rigolenversickerung [4]

Rigolen bieten sich dort an, wo nicht ausreichend Flächen zur Verfügung stehen und der Oberboden schlecht durchlässig für Wasser ist.

Mulden-Rigolen-Versickerung

Bei diesem Mischtyp wird das Wasser erst oberflächlich in einer Mulde zwischengespeichert und versickert dann in eine Rigole, wo es wieder gespeichert wird.

Schachtversickerung

Schemenbild zum Prinzip der Schachtversickerung
Schachtversickerung [5]

Hierbei handelt es sich um eine punktförmige, konzentrierte Versickerung. Das Regenwasser wird in einem Sammelschacht geleitet, dessen Wände und Boden durchlässig sind. Nun wird das Wasser gespeichert und versickert zeitverzögert in den Untergrund. Aufgrund der begrenzten Speicherfähigkeit werden Versickerungsschächte bevorzugt bei kleinen Privatgrundstücken eingesetzt.

Regenwasserspeicherung ohne Versickerung

Hauptsächlich wird die Regenwasserspeicherung zum Regenwasserrückhalt (Retention) eingesetzt. Das kann durch  Regenrückhaltebecken, abgedichteten Regenteichen oder durch Rigolen realisiert werden. Das Regenwasser wird hierbei verzögert in die nachfolgenden Systeme abgegeben.

Dachbegrünung

Durch die Dachbegrünung wird das Regenwasser zurück gehalten. Ein Teil des Regenwassers verdunstet, der Rest wird über die Regenrinne abgeleitet. Je nach Art der Begrünung lassen sich zwischen 30 und 70 % des Wassers zurückhalten, dadurch können andere Regenbewirtschaftungssysteme entlastet werden.

Dachbegrünung
Dachbegrünung [6]

Regenwassernutzung

Anstatt das Regenwasser versickern oder in Flüsse fließen zu lassen, kann es auch im Haushalt als Toilettenspülung, Gartenbewässerung und zum Wäsche waschen genutzt werden. Dadurch wird wertvolles Grundwasser gespart. Um das Regenwasser nutzen zu können, wird es über Dachflächen in Zisternen gesammelt und bei Bedarf zu den Bedarfsstellen gepumpt. Die Zisterne kann aus Kunststoff oder Beton bestehen. Ist der Tank leer muss Trinkwasser nachgespeist werden. Es sollte dabei beachtet werden, dass das Regenwasser von hygienisch geringerer Qualität ist und somit nicht mit dem Trinkwassernetz verbunden werden darf.

Mischtypen

Natürlich können alle hier aufgezeigten Möglichkeiten auch kombiniert werden. Dadurch lassen sich die Vorteile der verschiedenen Verfahren nutzen. Ein Beispiel dafür wäre die Speicherung das Regenwassers über ein Regenrückhaltebecken oder einem Regenteich und die Versickerung in einem Versickerungsschacht.

Beachten:
Für die Versickerung von gesammelten Regenwässern ist grundsätzlich eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. Diese wird von der jeweils zuständigen unteren Wasserbehörde erteilt.

Abbildungsverzeichnis

[1]: Universität Karlsruhe Fachbereich A/RU/BI Lehr- und Forschungsgebiet Ökologische Planung und Umweltverträglichkeitsprüfung, http://www-user.rhrk.uni-kl.de/~beckmann/Osburg/Osb3.htm, am 30.09.2011

[2]: Wasserverband Weddel-Lehre, http://www.weddel-lehre.de/niederschlagswasser/69/anlagen, am 30.09.2011

[3]: IUG Gommeringer + Partner, http://www.iug-gommeringer.de/serv07.htm, am 30.09.2011

[4]: Stadt Pirmasens, https://www.ssl-id.de/stadt pirmasens.de /abwasser /II66_1_Versickerung1_info.htm,
am 30.09.2011

[5]: Zweckverband Abwasserentsorgung Mühlhausen und Umland,
http://www.abwasser-muehlhausen.de /grundstuecksentwaesserung/versickerung, am 30.09.2011

[6]: Falkner´s Garten Art, http://www.falkners.info/Naturdach.html, am 30.09.2011